Beim Sprechen bleibt die Luft weg: Warum tiefes Einatmen in Vorträgen ein "No go" ist

Beim Sprechen bleibt die Luft weg: Warum tiefes Einatmen in Vorträgen ein

Einige von uns kennen das: Wir sprechen und sprechen, meist so lange, bis uns – im wahrsten Sinne des Wortes – die Luft weg bleibt. Dann ziehen wir Luft in unsere Lungen, das geschieht meist sehr lange und vor allem geräuschvoll. Viele Redner sind dafür bekannt. Dieses sogenannte „Schnappen“ kann auf Dauer aber Probleme verursachen. Denn dieses hörbare Einatmen ist überwiegend mit Hochatmung verbunden und bringt viele Menschen aus Ihrem natürlichen Atemrhythmus. Das Ergebnis: Beim Sprechen bleibt die Luft weg.

Warum zuviel Atem unsere Stimme „bremst“

Ein bewusstes, (scheinbar) tiefes Einatmen erhöht automatisch den Druck auf unsere Stimmlippen. Die Schleimhäute werden gereizt und trocknen aus. Auf Dauer kann diese Art von Atmung sehr ungesund sein: Zu den typischen Symptomen gehören Heiserkeit, Sprechmüdigkeit oder gar Stimmlippenknötchen.

Auch unsere Stimme leidet: Sie klingt beim „Schnappen“ oftmals gepresst. Diese Art von Atmung tritt meistens auf, wenn wir nervös, aufgeregt oder gestresst sind. Durch diese Anspannung wird der Kehlkopf nach oben geschoben und um die Stimmlippen wird es ganz schön eng.

Bei einer gesunden Zwerchfellatmung passiert das Gegenteil: Hier herrscht eine Kehlkopftiefstellung, die Stimmlippen reiben nicht aneinander, da sie mehr Raum besitzen. Damit wird Heiserkeit vermieden und die Stimme klingt mühelos und resonanzreich.


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Beim Sprechen bleibt die Luft weg – reflektorisch zu Luft kommen

Als meine Tochter noch ein kleines Baby war, konnte sie minutenlang schreien, ohne zwischendurch bewusst Luft zu holen. Erstaunlich, oder? Es wäre doch schön, wenn wir Erwachsenen während Gesprächssituationen das genauso könnten – also Sprechen, ohne dass uns die "Luft wegbleibt".

In der Atemrhythmisch Angepassten Phonation wird dieses Phänomen „Reflektorische Atemergänzung (RAE)“ genannt.

Wie funktioniert das?

Die RAE wird ausgelöst, wenn wir die artikulatorische Ventilspannung von Lippen, Zunge, Gaumensegel, Kiefer federnd lösen (auf Endkonsonant- oder vokal). Unsere Artikulationsorgane sind durch Muskelspannungsketten mit dem Kehlkopf verbunden - dieser wiederum (durch unsere Luftröhre) mit dem Zwerchfell. Wenn wir also die Ventilspannung lösen, federt das Zwerchfell nach unten, der Kehlkopf wird nach unten gezogen und die Stimmlippen weiten sich. Dadurch, dass in den Lungen zu diesem Zeitpunkt Unterdruck herrscht, strömt die Atemluft schnell und geräuschlos ein. So kommen wir mühelos und in der für Reflexe typischen Zeit von 0,2 Sekunden wieder zu Luft.

Was bringt mir diese reflektorische Atmung?

Unsere Stimme klingt voluminöser und wir werden nicht heiser, da die Stimmlippen nicht austrocknen. Unsere Präsenz verbessert sich, da der Gesprächskontakt durch das „Schnappen“ nicht abreißt. Durch das reflektorische Atmen entsteht eine Art „psychophysische Wachheit“: Nach langen Vorträgen fühlen wir uns nicht wie erschlagen und können auch für den Rest des Tages stimmig unterwegs sein.

Wir alle beherrschen diese reflektorische Atmung von Geburt an. Im Laufe des Lebens "verlernen" wir sie aufgrund der Sozialisation. Der Vorteil ist aber: Was schon einmal vorhanden war, kann mit einer guten Selbstwahrnehmung und intensivem Training wieder erlernt werden.

Mit dieser Übung legen Sie mehr Achtsamkeit auf Ihren Atem

Gehören Sie auch zu den Menschen, die vor Vortragssituationen erst einmal tief Luft holen, bevor Sie zu sprechen beginnen? Mit der folgenden Übung legen Sie mehr Achtsamkeit auf Ihre Atmung und erfahren, warum das Motto „weniger ist mehr“ auch für die Stimmproduktion gilt:

  • Stellen Sie sich eine für Sie typische Vortragssituation vor. Sobald Sie in diesem Bild angekommen sind, holen Sie tief Luft und begrüßen anschließend die Zuhörer.
  • Jetzt stellen Sie sich wieder die Vortragssituation vor und begrüßen das Publikum ohne davor tief Luft zu holen.

Vermutlich hört sich Ihre Stimme nun voller an und Sie fühlen sich entspannter beim Sprechen. Und denken Sie daran: Unsere Lunge besitzt immer genügend Restluft, um sofort mit dem Sprechen loslegen zu können.

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